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Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Das Mietrecht (Bestandrecht) zählt zu den komplexesten Rechtsgebieten. Es unterliegt ständigen Neuerungen. Nahezu jeder hat schon im Laufe seines Lebens entweder auf Mieter- oder Vermieterseite mit dieser Rechtsmaterie (mehr oder weniger angenehme) Erfahrungen gemacht.
In erster Linie ist festzustellen, ob und in welchem Umfang das Mietrechtsgesetz zur Anwendung gelangt. Viele Mieterschutzbestimmungen betreffen nämlich nur solche Bestandobjekte, die unter das Mietrechtsgesetz fallen.
Von besonderer Bedeutung sind die Befristungsregelungen im Mietrecht. Bei Wohnungen muss z.B. gem. § 29 MRG die vereinbarte Vertragsdauer oder die Verlängerung des Mietvertrages mindestens 3 Jahre betragen. Ebenso wichtig sind die Bestimmungen über die Auflösung von Mietverträgen: Wer darf kündigen? Müssen Gründe hierfür vorliegen? Welche Fristen sind einzuhalten?
Unabhängig von der Dauer des Mietvertrages hat z.B. der Mieter einer Wohnung nach Ablauf eines Jahres das Recht den Mietvertrag unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist schriftlich zu kündigen.
Welche Pflichten hat der Mieter? Welche der Vermieter?
Prominente Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (7 Ob 78/06 f; 1 Ob 241/06 g) haben für Meinungsverschiedenheiten und heiße Diskussionen gesorgt. Können mietvertragliche Vereinbarungen in Mietveträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher betreffend die Erhaltungspflicht des Mieters rechtswidrig sein?
Das Mietrecht ist einem ständigen Wandel unterlegen: Mietverträge, die noch vor wenigen Jahren hieb- und stichfest waren, können mittlerweile rechtswidrig geworden sein.
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Coronakrise: Müssen Tiroler Unternehmer weiter Miete zahlen, wenn sie ihren Betrieb schließen müssen?
Die Entwicklungen im Rahmen der sogenannten Coronakrise haben in den letzten Tagen in Innsbruck und ganz Tirol Ausmaße angenommen, die gerade kleine und mittlere Unternehmen vor besondere Herausforderungen stellen und in vielen Fällen existenzbedrohend sein werden. Sowohl der Bund als auch das Land Tirol haben Verordnungen erlassen, die es mit einigen Ausnahmen verbieten, Kundenbereiche von Unternehmen zu betreten. Die damit verbundene Schließung des Unternehmens bedeutet nicht nur erhebliche Umsatzeinbußen, sondern stellt sich für viele Tiroler Unternehmer die Frage, wie und ob sie ihre monatlichen Fixkosten bedienen können. Bei einem Gutteil der Tiroler Unternehmen stellen die Kosten für Miete oder Pacht einen großen Teil der monatlichen Fixbelastungen dar.
Unsere Rechtsanwaltskanzlei in Innsbruck wird in den letzten Tagen häufig von Tiroler Unternehmern kontaktiert. Die wohl am häufigsten auftretende Frage lautet: Muss ich meine Miete oder Pacht noch bezahlen, wenn ich mein Unternehmen wegen nicht geöffnet halten darf?
Für sämtliche in Tirol abgeschlossene Mietverträge gelten grundsätzlich die Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). § 1104 des ABGB lautet:
Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer Krieg oder Seuchen, großer Überschwemmungen, Wetterschläge oder wegen gänzlichen Misswachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber (Vermieter oder Verpächter) sowie der Herstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.
Diese Gesetzesstelle gilt sowohl für Pacht- als auch für Mietverhältnisse (wenn sie im Vertrag nicht ausdrücklich abbedungen wurde, siehe dazu unten).
Es ist also zunächst zu prüfen, ob der Begriff Seuche vom Gesetzgeber für Fälle wie die derzeitige Coronakrise gedacht ist. Zumal die WHO die Verbreitung des Coronavirus seit einiger Zeit als Pandemie eingestuft hat, darf davon ausgegangen werden, dass die Verbreitung dieses Virus als Seuche im Sinne des ABGB zu verstehen ist.
Voraussetzung für die Anwendung des § 1104 ABGB ist, dass der Miet- oder
Pachtgegenstand gänzlich unbrauchbar wird. Von einer gänzlichen Unbrauchbarkeit ist dann auszugehen, wenn tatsächlich kein Umsatz erzielt werden kann. Vorsicht ist also geboten, wenn der Kundenkontakt eingeschränkt wird, aber das Unternehmen auch Umsätze aus beispielsweise telefonischer Beratung oder den Versandhandel erzielt. Im Falle der gänzlichen Unbrauchbarkeit trifft den Vermieter oder Verpächter naturgemäß keine Pflicht, die Situation — in unserem Fall also die Seuche — zu beseitigen. Er ist auch nicht verpflichtet, Ersatzräume bereitzustellen, was in der gegenwärtigen Situation ohnedies sinnlos wäre.
Der Bestandsnehmer, also Mieter oder Pächter, ist aber berechtigt, für die Zeit der gänzlichen Unbrauchbarkeit keinen Bestandzins, also Miete oder Pacht, zu bezahlen. Für Fälle, in denen von teilweiser Unbrauchbarkeit des Bestandgegenstandes auszugehen ist, wäre denkbar, den Mietzins entsprechend zu mindern.
Diese Ausführungen erfahren aus Sicht des Mieters oder Pächters aber gravierende Einschränkungen. So hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt, dass Fälle der Unbrauchbarkeit von Bestandgegenständen dann nicht zu einer Minderung des Miet- oder Pachtzinses führen, wenn diese unter den etwas abstrakt gehaltenen Begriff des „allgemeinen Lebensrisikos“ fallen. Denkbar ist, dass die Schließungen aufgrund der Verbreitung des Coronavirus oder der Krankheit COVID-19 von Gerichten als allgemeines Lebensrisikos angesehen werden und nicht unter den Begriff der Seuche subsumiert werden. In diesem Fall wäre die Minderung des Miet- oder Pachtzinses nicht erlaubt.
Weiter ist unbedingt zu beachten, dass die zitierten Gesetzesstellen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sogenanntes dispositives Recht darstellen; das bedeutet, dass deren Geltung im Miet- oder Pachtvertrag ausgeschlossen werden kann. Die anwaltliche Praxis zeigt, dass häufig Verträge erstellt werden, mit denen die Berechtigung zur Minderung des Mietzinses in Fällen des § 1104 ABGB ausgeschlossen wird. Auch in einem solchen Fall
wäre eine Minderung des Bestandzinses nicht zulässig.
Für den Rechtsanwalt stellt sich daher die Frage, ob er seinen Mandanten nunmehr raten soll, den Mietzins für die Dauer der Schließung des Unternehmens gänzlich auszusetzen, zu mindern oder aber voll zu bezahlen. Stellt ein Gericht fest, dass die Zurückbehaltung des Miet- oder Pachtzinses unzulässig war, weil die gegenwärtige Situation als allgemeines
Lebensrisiko einzustufen ist, drohen dem Mieter oder Pächter Nachzahlungen zuzüglich Zinsen, Prozesskosten und im schlimmsten Fall sogar die Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses und damit zusammenhängender Räumungsverpflichtung. Bezahlt der Mieter oder Pächter den gesamten Miet- oder Pachtzins, hat er in der Folge das Problem, dass er aktiv vom Vermieter oder Verpächter die Zahlungen zurückfordern muss. Das drängt ihn in die Rolle des Klägers vor Gericht. Dies hat naturgemäß zur Folge, dass der Mieter oder Pächter ein erhebliches Prozesskostenrisiko auf sich zu nehmen hat. Darüber hinaus gilt zu beachten, dass der Oberste Gerichtshof in zahlreichen Fällen ausgesprochen hat, dass die vorbehaltlose Bezahlung von Miet- oder Pachtzinsen als sogenanntes konkludentes Anerkenntnis angesehen werden kann. Das bedeutet, dass das Höchstgericht davon ausgeht, dass man im Zeitpunkt der Mietzinszahlung wohl nicht davon ausgegangen ist, dass der Miet- oder Pachtzins dem Bestandgeber nicht zusteht. In einem solchen Fall ist die Rückforderung ausgeschlossen und würde man den Prozess verlieren.
Um das Prozesskostenrisiko möglichst zu minimieren, empfiehlt es sich, derzeit die Miet- und Pachtzahlungen in voller Höhe vorzunehmen, bei der jeweiligen Überweisung aber ausdrücklich anzuführen, dass die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt. So schließt man jedenfalls aus, dass ein konkludentes Anerkenntnis später vom Gericht angenommen wird.
Die derzeitigen Entwicklungen sind für Unternehmer wie auch für Rechtsanwälte derart einmalig und neu, dass eine abschließende Beurteilung derzeit nicht erfolgen kann. Fraglich ist beispielsweise, ob die Republik oder das Land Tirol Entschädigungsleistungen an Unternehmer bezahlen und gleichzeitig die Rückforderbarkeit von Miet- oder Pachtzinsen ausschließen. Die Empfehlung des Rechtsanwalts lautet daher, Miet- oder Pachtzinse derzeit unter Vorbehalt zu zahlen und zunächst die Entwicklung abzuwarten.
Eine verbindliche Auskunft, ob eine realistische Chance auf Rückforderung besteht, kann der Rechtsanwalt nur in Kenntnis der konkreten Verhältnisse und insbesondere des jeweiligen Vertrages erteilen.
Ihr Rechtsanwalt in Innsbruck, Tirol
Wer bezahlt den kaputten Boiler in meiner Mietwohnung?
Erhaltungspflicht bei Bestandsverhältnissen (Wer bezahlt den defekten Boiler?)
1.) Sachverhalt
Sie sind Mieter in einer Wohnung, deren Eigentümer mehrere Mietwohnungen besitzt. Es liegen keine Informationen vor, ob das Mietrechtsgesetz (MRG) für den Mietgegenstand voll oder nur teilweise (also nur die Kündigungsnormen des MRG) anzuwenden ist. Es wird angenommen, dass die Wohnung lediglich im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes liegt, da dies im gegenständlichen Fall am wahrscheinlichsten ist. Weiters wird angenommen, dass sich der Vermieter aufgrund einer Klausel im Mietvertrag von der Haftung für Austausch und Reparatur des Boilers frei zeichnet.
Der Boiler in Ihrer Mietwohnung ist defekt und steht derzeit noch nicht fest, ob er ausgetauscht oder repariert werden muss. Es soll im Folgenden geklärt werden, wer für die Reparatur bzw. den Austausch des Boilers aufzukommen hat.
2.) Rechtliche Grundsätze
§ 1096 ABGB legt fest, dass grundsätzlich der Vermieter die Pflicht hat, den Mietgegenstand während der gesamten Bestandzeit in brauchbarem Zustande zu halten. Natürlich gilt dies auch für den Warmwasserboiler, der folglich zu jeder Zeit vom Vermieter funktionstüchtig gehalten werden muss.
Zahlreiche Vermieter versuchen, diese nicht zwingende Gesetzesbestimmung durch Klausel in ihren Mietverträgen zu umgehen. Es wird dort schlicht festgehalten, dass der Mieter für Instandhaltung und –setzung des Mietgegenstandes selbst aufkommen muss. § 1096 ABGB wird also ausgeschlossen.
Dieser Vorgehensweise wurde im Oktober 2006 durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes allerdings der Boden entzogen:
3.) Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Oktober 2006
Das Urteil 7 Ob 78/06 f behandelt das Verhältnis zwischen Konsumentenschutzgesetz und Mietrecht. Da es häufig – wie auch im vorliegenden Fall – vorkommt, dass der Vermieter Unternehmer und der Mieter Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes ist, ist die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes keineswegs nur von akademischem, sondern greifbar praktischem Interesse.
Damit die vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätze allerdings anwendbar werden, bedarf es der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen:
a) Der Vermieter als Unternehmer im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 Konsumentenschutzgesetz (KSchG).
Der Vermieter ist dann Unternehmer, wenn seine Tätigkeit als Vermieter zum Betrieb eines Unternehmens gehört. Rechtsprechung und Lehre haben hierzu den Grundsatz entwickelt, dass der Vermieter dann als Unternehmer anzusehen ist, wenn er eine größere Anzahl von Mietverträgen abschließt (fünf reichen in der Regel aus!), die die Einschaltung von anderer Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen zur Regel macht (SZ 53/103; 9 Ob 146/06w uva). Vorliegenden falls ist dies nach den mir erteilten Informationen gegeben.
b) Der Mieter als Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG.
Hier sagt das Gesetz schlicht, dass jeder, der den Mietgegenstand nicht im Rahmen eines Unternehmens in Bestand nimmt, als Verbraucher anzusehen ist. Auch dies trifft in unserem Fall zu.
Schließen nunmehr Vermieter als Unternehmer und Mieter als Verbraucher einen Mietvertrag ab, so kommt ein so genanntes Unternehmer-Verbrauchergeschäft zustande, welches den strengen Regeln des Konsumentenschutzgesetzes unterliegt.
Die im § 1096 ABGB geregelten Grundsätze betreffen Gewährleistungsansprüche des Mieters. Da jedoch bei Unternehmer-Verbrauchergeschäften Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers (Mieters) nicht ausgeschlossen werden können, ist die Umgehung bzw der Ausschluss des § 1096 ABGB im Mietvertrag nicht zulässig und die entsprechende Klausel (nicht der gesamte Mietvertrag!) nichtig.
4.) Zusammenfassung
Die Nichtigkeit der Klausel im Mietvertrag, mit der die Erhaltungspflicht des Vermieters für den Boiler in der Mietwohnung ausgeschlossen wird, hat zur Folge, dass § 1096 ABGB wieder voll zur Anwendung gelangt und einzig der Vermieter die Reparatur respektive den Austausch des Boilers zu bezahlen hat.
Paul Hechenberger
Dies ist keine anwaltliche Auskunft – es kann daher keine Haftung übernommen werden!
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